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Berlinale ‘24 Panorama: „Andrea lässt sich scheiden“

Berlinale ‘24 Panorama: „Andrea lässt sich scheiden“

Es gibt auf Film-Festivals und besonders auf der Berlinale, wo Josef Haders launige Land-Dramödie Premiere hat, immer wieder Schauspielende, die man gefühlt andauernd sieht (was bei den Guten nicht unbedingt schlecht ist, allerdings kurios). Oft waren das Lars Eidinger oder Franz Rogowski. Diesmal ist es Birgit Minichmayr. Das liegt nicht an der Menge der Filme, derer es nur zwei sind, sondern ihrer darstellerischen Präsenz. Die allein trägt schon einen Film, der sonst schnell vergessen wäre.

Einen Film wie das gewohnt kauzige Kriminalstück, das zugleich Milieu- und Moralskizze ist, dabei aber nie thematisch überfrachtet wirkt. Die Probleme in dem äußerlich adretten Dorf, gegenüber dem das nahegelegenen St. Pölten schon wie die große weite Welt wirkt, sieht und hört man überall. Aber Hader nimmt sie gerade ernst genug, um den moderaten Spannungsbogen mit karikaturesker Kritik zu untermauern. Eigentlich sind sie doch alle hier ganz nett: der Waffennarr, der alte Rassist, der Alkoholiker …

Letzter ist der von Hader verkörperte Religionslehrer Franz, den Schuldgefühle über einen Unfalltod rückfällig werden ließen. Dabei hat nicht er, sondern Minichmayrs Polizistin Andrea ihren Noch-Ehemann (Thomas Stipsits) versehentlich überfahren und versucht nun, ihre anvisierte Kripo-Karriere in St.Pölten mit ihren Gewissensbissen zu vereinen. Franz‘ Bußbereitschaft macht das nicht leichter und ist einer der gelungeneren Gags der Story. Die funktioniert vor allem dank des gut aufgelegten Ensembles, trotz der TV-Optik.

Eigentümliche, aber trotzdem glaubhafte Charaktere, herber Humor und ein bizarrer Zu-, Ermittlungs- und Unfall mit fatalen Folgen sind solides Material für eine Krimikomödie, die Josef Hader mit geübter Hand zusammenbaut. Im Vordergrund steht nicht die Tat, die nicht einmal die Bewohnenden des Landschauplatzes schockt, sondern die Gemüter der Gegend. Deren hässliche Seiten – Rassismus, Chauvinismus, Frust und Verwahrlosung – betrachtet die eher dröge Optik jedoch zu nachsichtig. Mehr Biss hätte nicht geschadet. 

  • OT: Andrea lässt sich scheiden 
  • Director: Josef Hader 
  • Screenplay: Josef Hader 
  • Country: 2024
  • Year: Austria 
  • Running Time: 93 min. 
  • Cast: Birgit Minichmayr, Thomas Schubert, Robert Stadlober, Margarete Tiesel, Josef Hader, Maria Hofstätter, Michael Pink, Marlene Hauser, Thomas Stipsits, Wolfgang Hübsch, Branko Samarovski
  • Image © wega film
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