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„El Conde“: A pretty bloodless vampire satire

„El Conde“: A pretty bloodless vampire satire

The past is never dead. It’s not even past.”, nach William Faulkners bekannten Worten aus Requiem für eine Nonne, den Pablo Larraíns schwarz-weiße Splatter-Satire nicht nur in den Sinn ruft, weil darin eine Nonne durch die Luft fliegt (und das nicht als Einzige). Die altersschwache Allegorie, die den chilenischen Regisseur zum fünften Mal auf Venedigs Filmfestspiele führt, ist eine auf fast zwei Stunden ausgedehnte Wiederholung besagten Zitats. Deren zielloses Changieren zwischen narrativem Stillstand und Abschweifungen entwickelt sich ironischerweise zu einer überzeugenderen Analogie der gespenstischen Gegenwart eines zwischen Verdrängung und Fixierung gefangenen historischen Horrors als der (un)tote Titelcharakter (Jaime Vadell). 

Mit seinen 250 Jahren ist Augusto Pinochet, der in der apathischen Alternativ-Historie seinen Tod 2006 nur aus praktischen Gründen vorgetäuscht hat, so ausgelaugt wie das handlungszentrale Grusel-Gleichnis. Politische Parteien oder Persönlichkeiten als Vampir darzustellen, ist ein Klassiker der Plakat-Propaganda. Den auf der Leinwand buchstäblich dämonischen Diktator, der sich skrupellos bereicherte – was nach seinem gierigen Kinder-Quintett zu urteilen in der Familie liegt – als Blutsauger zu sehen, ist trotz des elegant operatischen Schauspiels und amüsant spielerischer Special Effekts schnell ermüdend. Die lethargische Langsamkeit der gediegenen Inszenierung verstärkt die abgestumpfte Atmosphäre somnambulen Schreckens, die als eigenständiger Kommentar so vage bleibt wie die Karikatur kirchliche Korruption. 

Der chilenische Ex-Diktator, der Pablo Larraín indirekt bereits in Post Mortem und No beschäftigte, spukt weiter durch sein filmisches Schaffen. Dessen jüngster Beitrag ist als Idee bedeutend interessanter als in der Umsetzung, deren bewusst antiquarische Ästhetik den in spekulativem Sadismus und fragwürdigen politischen Parallelen anklingenden Sexismus nicht aufwiegt. Die Mischung aus Grauen und Amüsement, die seine maliziöse Metapher wohl abzielt, erweckt einzig die Sympathie des Presse-Publikums für den Anti-Helden. In Anlehnung an Faulkner: The past is not even past. The past may be the future.

  • OT: El Conde
  • Director: Pablo Larraín
  • Screenplay: Pablo Larraín, Guillermo Calderón
  • Country: Chile
  • Year: 2023
  • Running Time: 110 min. 
  • Cast: Jaime Vadell, Gloria Münchmeyer, Alfredo Castro, Paula Luchsinger, Stella Gonet, Catalina Guerra, Amparo Noguera, Antonia Zegers, Marcial Tagle, Diego Muñoz, Clemente Rodríguez, Rosario Zamora, Marcelo Alonso, Daniel Contesse, Jaime McManus, Alessandra Guerzoni
  • Image © Netflix 
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