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“To Catch a Killer” won‘t captivate anyone

“To Catch a Killer” won‘t captivate anyone

Die niedrig angesetzte Messlatte eines solide gespielten, generisch geschriebenen Standard-Thrillers verfehlt Damián Szifrons englischsprachiges Spielfilmdebüt nicht nur aufgrund der zähen Inszenierung, sondern des aberwitzigen Ausmaßes an reaktionärer Verlogenheit. Jene durchdringt das Drehbuch, das der für seinen Überraschungserfolg Wild Tales für den Oscar nominierten Regisseur mit Jonathan Wakeham verfasste, auf nahezu jeder Ebene. Die Crime-Story erscheint somit streckenweise wie ein bizarres Message-Movie, dessen prätentiöses Problembewusstsein zynischen Sozialdarwinismus tarnt. Die ununterbrochenen Verweise der düster-diesigen Szenerie auf die materiell und mental prekären Verlierer*innen eines kaputten Systems motivieren nicht Kritik, sondern eine bigotte Botschaft der Eigenverschuldung, verkörpert durch die problembelastete Protagonistin (Shailene Woodley).

Die systemische Benachteiligung von Streifenpolizistin Eleanor Falco wird aufgewogen durch eine Blitzbeförderung des von ihrer Kaffeeküchen-Konversation beeindruckten Special Agent Lammark (Ben Mendelsohn). Sein Status als queere Führungsperson negiert indirekt Diskriminierung in der Polizeieinheit, in der sich Falco als Clarice Starling-Abklatsch und Kollege Agent Mackenzie (Jovan Adepo) auf der Jagd nach einem Massenmörder durchkämpft. Ihr Rat an den Killer, der sich als antikapitalistischer Vegetarier entpuppt? „Medikation. Das Zeug funktioniert.“ Während die Psychopharmaka-Promotion mentales Wohlbefinden zur individuellen Willensfrage reduziert, führen die skizzenhaften Figuren Lammark, Mackenzie und Falco exemplarisch vor, dass sich die fundamentalen Auswirkungen von Rassismus, Sexismus, Klassismus und Homophobie durch etwas Resilienz überwinden ließen. 

„That‘s the big question: How people shape systems, how systems shape us“, heißt es in einer verräterischen Dialogzeile Damián Szifrons generischen Crime-Thrillers. Dessen sich dreist bei Silence of the Lambs bedienende Story zielt mehr auf die Anbiederung an den neo-liberalen Zeitgeist als Spannung und Charakterisierung. Letzte enthüllt sich in ihrer Bestätigung neurodiverser Negativstereotypen und konservativer Klischees als Symptom der materialistischen Maschinerie, die der Plot zu kritisieren vorgibt. 

  • OT: To Catch a Killer
  • Director: Damián Szifron
  • Screenplay: Damián Szifron, Jonathan Wakeham
  • Country: USA
  • Year: 2023
  • Running Time: 119 min. 
  • Cast: Shailene Woodley, Ben Mendelsohn, Ralph Ineson, Jovan Adepo, Rosemary Dunsmore, Darcy Laurie, Joan Hart, Nick Walker, Michael Cram, Jason Cavalier, Duncan Dukic, Richard Zeman
  • Image © Tobis
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