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“The Night of the 12” fails its own ambitions

“The Night of the 12” fails its own ambitions

Es sei eine Männerwelt, sagt eine Freundin (Pauline Serieys) des Mordopfers, dessen grausiger Tod den frisch beförderten Polizei-Teamleiter Yohan (Bastien Bouillon) verfolgt, und verweist damit in mehrerer Hinsicht auf die zentrale Problematik Dominik Molls Kriminaldramas. Dessen ambitionierter Ansatz und systemkritischer Schwerpunkt bemühen sich um einen demonstrativen Bruch mit Genrekonventionen, nur um sie unversehens zu bedienen. Eine davon ist die rein männliche Perspektive, der die Inszenierung je mehr verfällt, je mehr sie diese zu kritisieren versucht.

Nicht nur das Polizeiteam, das den Mörder der lebendig verbrannten Clara (Lula Cotton-Frapier) sucht, und die Verdächtigen sowie im weiteren Sinne Justizapparat und typische Täter sind die benannten Männerwelten. Auch der Filmkosmos ist eine. Der sensible Yohan und sein abgehärteter älterer Dienstpartner Marceau (Bouli Lanners) sind die geerdete Version des stereotypen gegensätzlichen Ermittler-Duos, in dessen professioneller und privater Anteilnahme Claras einzige Bedeutung liegt. Die Tote selbst bleibt eine Leerstelle, definiert durch ihre Jugend und Attraktivität. 

Diese dramaturgische Reduktion der Figur zum emotionalen Trigger des Protagonisten ist lediglich eine Variation ihrer Objektivierung durch tatverdächtige Bekannte. Wichtiger als soziologische und psychologische Hintergründe der vordergründig kritisierten Misogynie ist für Moll zu zeigen, dass er und sein Protagonist nicht so seien. Das verflacht nicht nur Charakterisierung und Story, sondern führt zu aufdringlichen Statement-Szenarien. Die Tendenz, dem Publikum das eigene Problembewusstsein vorzubeten, weckt mehr Zweifel an der Intention des passablen Polizeidramas als dessen dramaturgische Unsicherheit.

Basierend auf Pauline Guénas von einem realen Mord inspirierten Buch 18.3: Une Année À La PJ entwirft Dominik Moll ein nüchternes Bild provinzieller Polizeiarbeit als ein von ökonomischen und personellen Zwängen bestimmtes Stochern in menschlichen Abgründen. Die der einer konventionellen Spannungskurve bewusst entgegengesetzten Story verweisen auf das Thema Femizid, das überzeugend zu bearbeiten die introvertierte Inszenierung jedoch weder das Wissen noch den Willen zeigt. Wie die handlungszentrale Tätersuche läuft auch das solide Ermittlungsdrama ins Leere.

  • OT: La nuit de 12
  • Director: Dominik Moll
  • Screenplay: Gilles Marchand, Dominik Moll, Pauline Guéna
  • Country: France, Belgium
  • Year: 2022
  • Running Time: 115 min. 
  • Cast: Bastien Bouillon, Bouli Lanners, Théo Cholbi, Johann Dionnet, Thibaut Évrard, Julien Frison, Paul Jeanson, Mouna Soualem, Pauline Serieys, Lula Cotton-Frapier, Charline Paul, Matthieu Rozé, Baptiste Perais, Jules Porier, Nathanaël Beausivoir, Benjamin Blanchy
  • Release date: 12.01.2023
  • Image © Ascot Elite Filmverleih
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