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Concrete childhood: “Kopfüber” bei Berlinale Generation

Concrete childhood: “Kopfüber” bei Berlinale Generation

Dicke Luft, was?“, kommentiert Mandy und zieht an einer der Kippen, die ihr kleiner Bruder Sascha für sie sammelt und selbst gerne pafft. Der 10-Jährige randaliert auch gern in der Schule, lügt und klaut im Supermarkt und der tristen Hochhaussiedlung, wo er mit der unfähigen Mutter (Inka Friedrich) und den erwachsenen Geschwistern lebt. Seine einzige Freundin ist das gleichaltrige Nachbarmädchen Elli (Frieda-Anna Lehmann), das mit ihm auf der Suche nach Geräuschen für ihre Klangaufnahmen durch Bauschächte und Ruinen turnt. Als Sascha nach einer Gaunerei zur Amtsärztin muss, erkennt Elli ihn kaum wieder; nicht wegen des diagnostizierten ADHS, sondern den Tabletten, die Sascha helfen sollen.

Irgendwo in Bernd Sehlings Mischung aus Kinderproblemfilm und Problemkinderfilm steckt ein lohnendes Jugenddrama über Abstumpfung, Verwahrlosung und Entscheidungskonflikt zwischen zwei gleichermaßen abschreckenden Übeln. Doch die episodische Handlung verfängt sich gleich dem überzeugend von Marcel Hoffmann gespielten Hauptcharakter in Randgeplänkel und fällt nach jedem Vorpreschen in die Ausgangsposition zurück. „Warum lassen wir uns nicht treiben?“, fragt Sascha während eines Bootsausflugs Erziehungshelfer Frank, den das Sozialamt seiner ratlose Mutter stellt. „Dann kommen wir ja nie an“, erwidert Frank. Die Erfahrung teilen die übrigen Protagonisten, die schematische Randfiguren bleiben. Wie sein weiteres Umfeld die psychologischen Veränderung aufnimmt bleibt vage, genauso wie Saschas willkürliche Aufgabe der durch die Medikation erreichten Besserung aufgrund relativ moderater Nebenwirkungen. Engagiert, doch dabei allzu unschlüssig, greift Sehlings Kinderfilm dramaturgisch zu kurz, um emotional zu packen.

  • OT: Kopfüber
  • Regie: Bernd Sahling
  • Drehbuch: Bernd Sahling
  • Produktionsland: Deutschland
  • Jahr: 2013
  • Laufzeit: 93 min.
  • Cast: Marcel Hoffmann, Frieda Lehmann, Claudius von Stolzmann, Inka Friedrich, Benjamin Seidel, Jolina Simpson, Antje Widdra, Michelangelo Fortuzzi
  • Beitragsbild © Berlinale