“Das wird das beste Jahr deines Lebens!”, verkündet eine Erzieherin des Mädchen-Internats Silver Creek der frisch eingetroffenen Jo Mackenzie (Jana McKinnon), die das Wiedersehen mit vertrauten Gesichter von damals ihr ambivalentes Bild der Monate im abgelegenen Landheim wecken. Die Unzuverlässigkeit der eigenen Erinnerung und der psychologische Abgrund zwischen der verinnerlichten Version der Vergangenheit und der Realität sind indes nur ein Bruchteil der vielschichtigen Themen, denen sich Corrie Chens differenzierte Verfilmung Rebecca Starfords gleichnamiger Buchvorlage widmet.

Ein Zufallstreffen mit Jos ehemaliger Mitschülerin Alice (Yerin Ha), die im Gegenwartsteil der zweigleisigen Handlung eine gefeierte Cellistin ist, eröffnet eine biografisch gefärbte Studie von Bullying und der unscharfen Grenze zwischen Opfer, Mitläuferin und Täterin. Während zuerst die manipulative Portia (Markella Kavenagh) als Initiatorin der grausamen Gewalt gegen Alice scheint, fügen sich verdrängte Episoden mosaikartig zu einer hässlicheren Wahrheit. Die enthüllt Jo als beflissene Nachahmerin Portias, in deren Bankers sie als junge Erwachsene erneut gerät.

Parallel zueinander demontiert Chen Jos erwachsene und jugendliche Persona der als zweit Facetten des gleichen narzisstischen Narratives. Darin installiert sich Jo als hilflose Zuschauerin, gelähmt von der Angst, selbst Opfer zu werden. Umso mehr Portias Präsenz sie aufwühlt, umso mehr kollabiert ihr Konstrukt aus Lügen und Selbstbetrug und enthüllt eine manipulative Soziopathin. Die Leichtigkeit, mit der sie nicht nur ihr filmisches Umfeld, sondern die Sympathien des Publikums lenkt, geben der psychologischen Spannung einen doppelbödigen Twist.

Überzeugende Darstellerin und eine von ihrer formellen Konventionalität nur geringfügig gebremste Inszenierung etablieren eine Protagonistin, deren Persönlichkeit in jeder der vier Episoden klarer als geschickt gesteuerte Projektion enthüllt. In vier klar konstruierten Episoden demaskiert Corrie Chen neben dem zynischen Opportunismus ihrer Hauptfigur zugleich die von ihr repräsentierten Schulstrukturen basierend auf kaum verhohlenem Rassismus, Nepotismus und Heuchelei. Im Wechsel von Gegenwart und Rückblenden manifestieren sich die Muster psychologischen Missbrauchs und ethischer Abstumpfung als einzig zuverlässige Konstante.

• OT: Bad Behaviour 
• Director: Corrie Chen
• Screenplay: Corrie Chen, Pip Karmel, Magda Wozniak, Rebecca Starford
• Country: Australia 
• Year: 2023
• Running Time: 115 min. 
• Cast:  Jana McKinnon, Markella Kavenagh, Yerin Ha, Erana James, Melissa Kahraman, Tuuli Narkle, Mantshologane Maile, Daya Czepanski, Abbey Morgan, Bronte Locke, Malayne Hayden, Jessica Lu, Diana Glenn, Dan Spielman
• Release date: –
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