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“Till”: A painful reminder that the past is still present

“Till”: A painful reminder that the past is still present

Bereits der Umstand, dass es nicht nur 67 Jahre gebraucht hat, bis die Geschichte der Ermordung Emmett Tills und des unerschrockenen Gerechtigkeitskampfs seiner Mutter Mamie Till-Mobley (herausragend: Danielle Deadwyler) auf die Leinwand kommt, sondern bis zum Erlassen des nach dem 14-jährigen Opfer eines der grausigsten Hassverbrechen benannte Anti-Lynching-Acts, spricht für sich: davon, welche Ereignisse von der Mehrheit der Mächtigen als erinnernswert – buchstäblich – angesehen werden und davon, wie fest rassistische Repression bis heute im System verankert ist.

Das Wissen um die Bedeutung kollektiver Wahrnehmung und die politische Prägnanz der Tat schafft nicht nur eine unsichtbare Verbindung zwischen Chinonye Chukwu und ihrer unbeirrbaren Protagonistin, sondern die entscheidende Dynamik der Handlung. Deren historische Gravitas schwebt schon in der ersten Hälfte des mit seltener Faktizität visualisierten Geschehens über den Figuren wie das unabwendbare Unheil, das sie rückblickend erscheint. Musikalische und dialogische Vorahnungen erzeugen eine bedrückende Spannung, die sich im zweiten Akt in unauslöschlichen Schmerz löst.

Emmetts (Jalyn Hall) qualvoller Tod, den das von der Regisseurin mit Keith Beauchamp und Michael Reilly verfasste Drehbuch ohne spekulative Schockmomenten vermittelt, ist narrativ die Zäsur, die er real markierte. Die stellvertretend für unzählige Lynchmorde stehenden Bilder des misshandelten Körpers ihres Sohnes ins kollektive Gedächtnis einzubrennen, bleibt nicht nur Mamies einzige Genugtuung. Konsequent verweigert Chukwu dem Publikum jenen bequemen Optimismus, mit dem Verfilmungen wahrer Begebenheiten einen Sieg des Guten suggerieren, wo das Gegenteil gewonnen hat.

Ebenso konzentriert wie kraftvoll visualisiert Chinonye Chukwus zweiter Kinospielfilm Mamie Till-Mobleys Gerechtigkeitskampf, dessen seismische Auswirkungen nicht nur auf die Bürgerrechtsbewegung die klar strukturierte Handlung nur andeutet. Dramaturgisch und emotional liegt der Fokus auf der Hauptfigur, die sich im Moment größter Trauer aus der passiven Opferrolle emanzipiert. Frei von Schnörkel, Sentimentalität und Sensationalismus ist die hervorragend gespielte und historisch differenzierte Würdigung der lange übersehenen Bürgerrechtlerin am effektivsten, wenn sie Humanismus und Unmenschlichkeit in unscheinbaren Alltagsmomenten enthüllt. 

  • OT: Till
  • Director: Chinonye Chukwu
  • Screenplay: Chinonye Chukwu, Keith Beauchamp, Michael Reilly
  • Country: USA, UK
  • Year: 2022
  • Running Time: 130 min. 
  • Cast: Danielle Deadwyler, Jalyn Hall, Jamie Renell, Whoopi Goldberg, Sean Patrick Thomas, John Douglas Thompson, Marc Collins, Diallo Thompson, Tyrik Johnson, Enoch King, Haley Bennett, Carol J. Mckenith, Elizabeth Youman, Keisha Tillis, Sean Michael Weber, Eric Whitten
  • Release date: 26.01.2023
  • Image © Universal
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