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Ein Film zum Hassen: “Liebesdings”

Ein Film zum Hassen: “Liebesdings”

Wenn Begriffe wie cis umständlich erklärt werden müssen, der Schwangerschaftsabbruch einer 15-Jährigen mit Mord gleichgesetzt wird und ein schicker Handy-Shop als hartes Pflaster gilt, steht fest: Man sitzt in einer deutschen Komödie. Schlimmer als das: in einer von Anika Decker. Die Regisseurin und Drehbuchautorin verfasste mit Keinohrhasen und Zweiohrküken zwei der unerträglichsten hiesigen Kinowerke der letzten Jahrzehnte, deren Erfolg einen wiedermal an der Menschheit (ver)zweifeln lässt. Das vollbringt auch ihr neustes Werk. 

Darin verpasst Decker das Schweiger-Treatment quasi Elyas M’Barek. Er mimt als Marvin Bosch „Deutschlands größten Star“ (ein bisschen Wunschdenken ist auch mit dabei), der mit herzerweichendem Hundeblick allein im Luxusrestaurant sitzt, weil die Frauen alle nur seinen Körper wollen und sein Gemächt im Internet posten. So ist das, hinter all den Dick Pics stecken tatsächlich Frauen. Kaltblütige Klatschkolumnistinnen wie Bettina Bamberger (Alexandra Maria Lara), deren fiese Fragen nach Kindheitstraumata Marvin in die Flucht schlagen.

Zuflucht findet er im bankrotten Off-Theater von Frieda (Lucie Heinze). Die vergleicht Abtreibung mit „jemanden umbringen“, soll aber Feministin sein. Immerhin hüpft sie auf der Bühne zwischen tanzenden Tampons, hat ein Ölportrait der Brontë-Schwestern an der Wand und Buchtitel wie “Entmannung” im Bett. Da landet sie mit Marvin, was Decker voll lustig findet, denn der ist ja ein Mann! Aber ohne Männer bzw. deren Geld kommen Frauen in Deckers Weltbild halt nicht klar.

Die Synopsis zu lesen ist gar nicht nötig. Ein Blick auf das Kinoposter verrät schon, wie Anika Deckers schematische Spießbürger-Schmonzette ausgeht. Der Elyas M’Barek-Typ und Egal-wie-sie-heißt werden ein Paar, ohne dass ihre mechanisch geschauspielerten Abziehbilder die kleinste Entwicklung durchmachen. Die aalglatte Inszenierung platzt vor verkrampfter Pseudo-Toleranz, die selbst in den 90ern rückständig gewesen wäre, aber suhlt sich zugleich in elitär-entrücktem Reaktionismus. Ein herz- und humorloses Liebeslied an konservative Kleingeistigkeit.

  • OT: Liebesdings
  • Director: Anika Decker
  • Screenplay: Anika Decker 
  • Country: Germany
  • Year: 2022
  • Running Time: 99 min. 
  • Cast: Alexandra Maria Lara, Peri Baumeister, Elyas M’Barek, Almila Bagriacik, Anton Weil, Rick Kavanian, Anna Thalbach, Denis Moschitto, Jochen Schropp, Lucie Heinze, Maren Kroymann, Lukas Reiber, Steven Gätjen, Linda Pöppel, Vanessa Rottenburg, Marco Albrecht
  • Release date: 07.07.2022
  • Image © Constantin
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