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Berlinale ’22 Panorama: “Liebe, D-Mark und Tod”

Berlinale ’22 Panorama: “Liebe, D-Mark und Tod”

Hoffnung und Desillusionierung, Sehnsucht und Ausgrenzung, Lust und Schmerz, Heimat und Fremde: die türkischstämmigen Künstler*innen, deren umfassenden Beitrag zur deutschen Musikgeschichte Cem Kaya in einer faszinierenden Chronik vorstellt und feiert, besingen das Leben in Deutschland aus einer musikalisch und menschlich gleichermaßen facettenreichen Perspektive. Deren dokumentarische Aufarbeitung wird umso spannender und bedeutsamer durch die Unterrepräsentation dieses vielseitigen Kulturguts in deutsch-deutschen Musikregistern. Dieser Ausschluss provoziert die Frage, wie viel sich wirklich geändert hat seit damals.

Im Damals beginnt die temporeiche Tour durch ein halbes Jahrhundert deutsch-türkischer Musikgeschichte mit dem Ersten der drei titelgebenden Kapitel Liebe. Davon erfuhren die Menschen, die seit den frühen 60ern ihre türkische Heimat verließen, wenig. Gefährliche, dreckige, unterbezahlte Jobs. Miserable Arbeitsbedingungen und Unterkünfte. Misstrauen und Feindseligkeit in der Bevölkerung. Dem umfassenden Archivmaterial aus Zeitungen, Fotos und Fernsehberichten geben die Songs der ersten Generation Musiker*innen bewegenden emotionalen Nachhall. Mit der türkischen Gemeinde wächst der Markt.

Alben fliegen millionenfach über Ladentheken türkischer Plattengeschäfte. Kassetten füllen Reisekoffer auf der Urlaubsfahrt in die Heimat. Heute stapeln sie sich in Kisten und Sofakästen. Die boomende türkisch-deutsche Musikszene der 70er und 80er mit Berlin als Zentrum des Nacht- und Partylebens hinterließ einen kreativen Schatz vom Instrumentalstück bis zum Rockkonzert, den Kaya vor der Kamera hebt. Nicht nur als Liedgut und Konzertmitschnitt, sondern durch die Künstler*innen persönlich: den Vorreiter*innen einer grenzüberwindenden gegenwärtigen Musikszene.

Von den musikalischen Anfängen der Gastarbeiter*innen der 60er über die ganze Stadien füllenden Superstars der 70er und 80er bis zur Rap-Kultur der 90ern schlagen Cem Kaya und und Co-Drehbuchautor Mehmet Akif Büyükatalay den Bogen bis in die Gegenwart. Randvoll mit Zeitdokumenten, ikonischen Interviews und Sammlerstücken bündelt ihr mitreißendes Kompendium Jahrzehnte deutsch-türkischer Musikgeschichte und enthüllt fast nebenbei die heutige Ausgrenzung auf musealer und konservatorischer Ebene. Ein schillerndes filmisches Mixtape voll historischer Hits.

  • OT: Aşk, Mark ve Ölüm
  • Director: Cem Kaya
  • Screenplay: Cem Kaya, Mehmet Akif Büyükatalay
  • Country: Germany
  • Year: 2022
  • Running Time: 96 min. 
  • Cast: Boe B., Ömer Boral, Ozan Ata Canani, Dede Deli, Hatay Engin, Erci Ergün, Derya Yıldırım, Cavidan Ünal, Metin Türköz, İsmet Topçu, Yüksel Özkasap, Kabus Kerim, Cem Karaca
  • Release date: –
  • Image © filmfaust, Film Five
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