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Berlinale ’21 Special: Formalist doc comes to life thanks to its powerful subject “Tina” Turner

Berlinale ’21 Special: Formalist doc comes to life thanks to its powerful subject “Tina” Turner

Für eine so dynamische Persönlichkeit wie die ikonische Künstlerin im Mittelpunkt fällt die biografische Hommage des oscargekrönten Regie-Duos T.J. Martin und Dan Lindsay eindeutig zu formalistisch aus. Die konventionelle Struktur und Inszenierung hindern zum einen die dramatische Wirkung der von jahrelanger Unterdrückung und beeindruckender Selbstbehauptung gekennzeichneten Biografie, die den Rahmen der zweistündigen Doku sprengt. Zum anderen reduziert der Mangel zeit- und musikhistorischen Kontexts von Turners Jahrzehnte umspannender Karriere ihren Sonderstatus und vielseitigen Einfluss.

Der Fokus des Portraits, dessen sicheres Fundament Tina Turners persönliche Gespräche über ihre Erfolge und Kämpfe ist, liegt auf ihrer Charakterstärke. Zu der musste die in der Anfangszeit ihrer Karriere in der Beziehung zu ihrem gewalttätigen Gatten und musikalischen Partner Ike gefangene Sängerin erst finden. Die Trennung des nach außen als glücklich präsentierten Paares, besonders Turners Berichte über die Misshandlungen und totale Kontrolle ihres Partners auf privater und professioneller Ebene, prägten die öffentliche Wahrnehmung Turners.

Die Ambivalenz dieser Perspektive überwindet die Inszenierung nie, trotz ihres direkten Zugangs zu zahlreichen Weggefärt*innen, dem Familien- und Freundeskreis. Wie so viele Biografien weiblicher Prominenter überschatten Liebesdramen und Beziehungen neben beruflichen Errungenschaften andere relevante Ereignisse. Die traurige Kindheit der als Anna Mae Bullock geborenen Protagonistin bleibt schemenhaft. Diskriminierung und Rassismus erscheinen lediglich gefiltert durch die Empörung unterstützender Weißer und niemand hinterfragt die Rolle der Musikindustrie, die gewalttätige und ausbeuterische Beziehungen duldet oder gar unterstützt.

Die Auftritte Tina Turners, sei es als jugendliche Sängerin auf schneeigen TV-Aufnahmen, in 80er-Kostümen während Live-Shows oder im aktuellen Interview mit den Regisseuren als differenzierte Autobiografien, sind die entscheidende Stärke des auf musikalischer Ebene hervorragenden Dokumentarfilms. Dessen schablonenhafter Aufbau verschenkt viel des Potenzials, das der Reichtum an Originalmaterial sowie Kontakt zu bedeutenden Weggenossen offenbart. Turners Stimme und Ausstrahlung überwinden den starren Grundriss eines Lebensberichts, zwischen dessen Kapitel psychologische und historische Leerstellen bleiben.

  • OT: Tina
  • Regie: Dan Lindsay, T.J. Martin
  • Drehbuch: Megan Stacey, Dimitri Karakatsanis
  • Produktionsland: USA
  • Jahr: 2020
  • Laufzeit: 118 min. 
  • Cast: Angela Bassett, Oprah Winfrey, Tina Turner, Katori Hall, Kurt Loder, Erwin Bach, LeJeune Fletcher, Jimmy Thomas, Roger Davies, Carl Arrington, Rhonda Graam, Terry Britten, Ann Behringer
  • Kinostart: –
  • Beitragsbild © Berlinale/Universal Pictures
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