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Dreiviertelmist

Dreiviertelmist

Zuletzt lieferte Zübert 2017 die Kifferklamotte Lommbock. Die war Sequel und Neuaufguss seiner fast vergessenen Kifferklamotte Lammbock von 2001. Das gleiche noch mal, bloß einen Buchstaben im Titel ändern. Geht immer, merkt keiner. Eine ähnliche Masche funktionierte ja bereits bei seinem mit kindlichem Darstellercharme untermauerten Lehrstück Dreiviertelmond. Deren Titel bleibt zwar bezuglos, macht sich aber gut auf dem Poster. Darauf erinnert das verfremdete O an die Mondsichel auf der Flagge der Türkei. Von dort kommt die kleine Hayat (Mercan Türkoglu), deren Aufgabe ist, das Herz des grantigen Taxifahrers Hartmut (Elmar Wepper) zu erweichen. Drolliges herzensgutes Kind macht alten Grießgram zum besseren Menschen. Das gab‘s noch nie.

Ruhe, Fauntleroy-Fans! Die Geschichte von Hartmut, charakterisiert als einer, der kein Tai Chi macht (sagt quasi alles über einen Menschen aus), und Hayat, die überhaupt nicht charakterisiert wird, weil eine Persönlichkeit bei Kindern aus Sicht der Filmemacher scheinbar deren Niedlichkeitsfaktor herabsetzt, war noch nie da. Da, das ist in Nürnberg, wo Hartmut Taxi fährt. Auf der Rückbank sitzt eines Tages Hayat, die kein Deutsch und generell kaum spricht, weil Reden bei Kindern augenscheinlich ebenfalls den Niedlichkeitsfaktor mindert. Einer, mit dem man reden kann, ist Hartmut sowieso nicht, zum Leidwesen seiner erwachsenen Tochter Verena (Marie Leuenberger) und nach 35 Jahren Ehe nunmehr Ex-Frau Christa (Katja Rupe).Cute kids making grumpy old guys happy since forever.

Was die beiden dem eigenbrötlerischen Bayern nicht vermitteln können, symbolisiert ihm die Soft-Close-Schublade in der neuen heimischen Küche. Dort ist es plötzlich so still. Grabesstill. Und einsam sterben? Nein, dann doch lieber Tai Chi, oder zumindest türkische Gerichte probieren: Seht, hier baut einer seine Vorurteile gegen Menschen mit nicht-deutschem Familienhintergrund ab! Das in Fernsehspieloptik abgedrehte Potpourri abgenutzter Stereotypen soll warmherzig sein, bringt es aber bestenfalls auf lau mit narrativen Zutaten, die nach unzähligen Malen Wiederaufwärmen schal und ausgelaugt schmecken. Jede Wendung ist so vorhersehbar wie das Happy End, das die zuckerige Familienunterhaltung mit einem Verweis auf höhere Fügung beschließt. Oh Frömmelei, du scheinst so helle.

  • OT: Dreiviertelmond
  • Regie: Christian Zübert
  • Drehbuch: Christian Zübert, Ipek Zübert
  • Produktionsland: Deutschland
  • Jahr: 2011
  • Laufzeit: 94 min.
  • Cast: Elmar Wepper, Mercan Türköglu, Ivan Anderson, Özay Fecht, Marie Leuenberger, Katja Rupe
  • Kinostart: 11.10.2011
  • Beitragsbilder © Majestic Filmverleih