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“Benjamin Blümchen”: Kleinbürger-Konservatismus der Kinderkassetten – jetzt im Kino!

“Benjamin Blümchen”: Kleinbürger-Konservatismus der Kinderkassetten – jetzt im Kino!

Scary Fact: Elfie Donnelly, Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg-Erfinderin, war verheiratet mit Löwenzahn-Wohnwagen-Bewohner Peter Lustig. Das ist mittlerweile länger her als das erste Hörspiel-Tröten des Titelhelden. Aktueller und auf seine Weise ebenfalls scary ist das Kinodebüt des sprechenden Elefanten, der damit dem lukrativen Vorbild Kollegin Bibis folgt. Allerdings ist aktuell relativ in einer Leinwandwelt, in der „anders“ und „modern“ gleichbedeutend mit schlecht sind, Businessfrauen Schurkinnen und Gehege Idealort für Wildtiere.

Letzte wirken wie aufgeklebte im Szenenbild, das schlimmer von Geldknappheit geplagt scheint als Zoodirektor Tierlieb (Friedrich von Thun). Dessen vorlagetreuer Nachname klingt zynisch, aber Tim Trachtes verstaubte Inszenierung hat dafür das Lieblingswort „naiv“. Naivität findet die kongenial konservative Adaption supertoll. Rationalität hingegen ist superböse, wie Cruella-de-Vil-Abklatsch Zora Zack (Heike Makatsch). Die einzige Protagonistin außer Reporterin Karla Kolumna (Liane Forestieri) bedroht das zoologische Männerreich mit Innovation, Variation und Emanzipation. Handlungskonflikt: Neustadt droht Neues.

Dagegen kämpfen Otto (Manuel Santos Gelke), CGI-Benjamin (Sprecher: Jürgen Kluckert) und Dieter Hallervorden. Dritter übernimmt als Ex-Spion Karla Kolumnas Recherchearbeit, denn weibliche Tatkraft ist in Donnellys Universum nur geduldet, wenn sie sich auf die traditionellen Sphären Heim und Hilfsbereitschaft beschränkt. Generell ist der Rahmen akzeptablen Verhaltens begrenzter als der gefühlt zehn Quadratmeter große Zoo, in dem trotzdem alle Wildtiere total glücklich sind, sogar Gorillas. Happy sind folglich auch die im Moralkäfig eingesperrten Bürger. 

Benjamins im Titelsong besungene Welt ist ein weißer-als-weißeres Altväterstadt. Ein Wunschidyll für jene, die Vielfalt, Wandel und echte Phantasie fürchten und insgeheim an die kolportierten Stereotypen glauben: den geckenhaften Bürgermeister, dessen duckmäuserischen Assistenten, die klatschsüchtige Reporterin und den dümmlichen Durchschnittsbürger, repräsentiert von Benjamin. Sein Abenteuer ist selbst für die Jüngsten keines, so spaß- und geistbefreit ist die Darbietung. Eine bigotte Nostalgie-Kur für Erwachsene, die ewig über den gleichen faden Dickenwitz lachen können. 

Fortschrittsfeindlich, frauenfeindlich, verstaubt, verklemmt und unendlich faul in Aufbau, Gestaltung und Umsetzung seiner Geschichte: Das ist – Törööö! – eines treudoofen Zuckerjunkies Sprung von Kassetten ins Kino, auf den niemand gewartet hat. TKKG war wohl erst der Anfang. Die schlimmsten Hörspielerinnerungen aus Kindertagen werden Leinwandrealität. Die ätzende Intoleranz des possenhaft gespielten und lieblos ausgeführten Kinderfilms zumindest notdürftig zu maskieren soll die penibel ausformulierte Botschaft: Elefanten und Menschen können Freunde sein. Na, das ist doch mal großherzig, oder?

  • OT: Benjamin Blümchen 
  • Regie: Tim Trachte
  • Drehbuch: Bettina Börgerding, Elfie Donnelly
  • Produktionsland: Deutschland 
  • Jahr: 2018
  • Laufzeit: 91 min. 
  • Cast: Heike Makatsch, Uwe Ochsenknecht, Dieter Hallervorden, Tim Oliver Schultz, Friedrich von Thun, Max von Thun, Annette Frier, Liane Forestieri, Johannes Suhm, Jürgen Kluckert, Piet Fuchs
  • Kinostart: 01.08.2019
  • Beitragsbild © StudioCanal
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