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Berlinale ’19: “A Tale of Three Sisters” erzählt von der Vergeblichkeit jeder Hoffnung

Berlinale ’19: “A Tale of Three Sisters” erzählt von der Vergeblichkeit jeder Hoffnung

Der englische Verleihtitel und die schummerige Atmosphäre des Wettbewerbsbeitrags, mit dem Emin Alper nach seinem Erfolg im Berlinale Forum zum Festival zurückkehrt, rücken die bedrückende Erzählung in die Nähe eines Märchens. Als solche bezeichnet die leise Geschichte, die so eigensinnig verläuft, wie sich ihre Titelfiguren verhalten, auch das Presseheft, überfordert von der seltsamen Mischung aus Sozialdrama, sanftem Humor und Momenten gespenstischer Bedrohung. Letzte erscheinen wie dunkle Vorzeichen der Vergeblichkeit, die alle Charaktere wie ein Fluch verfolgt. Selbst die bescheidensten Wünsche erfüllen sich nicht an dem weltentrückten Schauplatz, der für die glücklosen Figuren zugleich Gefängnis und Zuflucht ist.

Enttäuschte Hoffnungen und sinnloses Bedauern über lang zurückliegende Fehler hausen in dem anachronistisch anmutenden Bergdorf noch länger als die Anwohner, unter denen selbst die Alten wie Sevket (Müfit Kayacan), der greise Vater der Schwestern, und der dümmliche Außenseiter Veysel (Kayhan Açıkgöz), Ehemann der Ältesten Reyhan (Cemre Ebüzziya), noch naive Aspirationen auf eine bessere Zukunft hegen, und sei es nur für ihre Kinder. Die jedoch führen das trostlose Leben der Eltern fort wie ein mystisches Erbe, das sie umso härter trifft, je vehementer sie sich ihm zu entziehen versuchen, und selbst die Unschuldigsten wie das jüngste Familienmitglied heimsucht.

Über der elliptischen Handlung liegt die drückende Gewissheit einer Parabel, die ihrem vorbestimmten Ende zulaufen muss, und dennoch nie an ein Ziel kommt. So sind auch die erbitterte Reyhan, die gerissene Nurhan (Ece Yüksel) und zurückhaltende Havva (Helin Kandemir) gefangen in endloser Rekapitulation, die der Regisseur und Drehbuchautor auf dramaturgischer und formeller Ebene akzentuiert. Die Geschicke der Schwester verlaufen in Parallelen und sind zugleich Echo dessen der verstorbenen Mutter. Deren Bestreben, den Töchtern ihr eigenes vergeudetes Dasein in der Einöde zu ersparen, zementiert die Ausweglosigkeit; eine melancholisch-süße Monotonie, der letztlich auch das Publikum erleichtert entflieht.

Lyrische Bilder und magisch-realistische Andeutungen siedeln Emin Alpers verschlungene Parabel über die Fragilität von Sehnsüchten und die Kostbarkeit tröstender Gemeinschaft in einer zeitlosen Landschaft zwischen harscher Realität und Tagtraum an. Fatalismus und zermürbende Starre des symbolreichen Familiendramas durchbrechen unscheinbare Gesten emotionaler Nähe und ein Sinn für kindliche Freude, verkörpert im impulsiven Gemüt einer Dorfirren und kindlichen Streichen. Ablehnung und Zuneigung liegen in jener unwirklichen Szenerie nicht nur für die Protagonisten dicht beieinander. 

  • OT: Kiz Kardesler
  • Regie: Emin Alper
  • Drehbuch: Emin Alper
  • Produktionsland: Türkei, Deutschland, Niederlande
  • Jahr: 2019
  • Laufzeit: 108 min. 
  • Cast: Cemre Ebuzziya, Ece Yüksel, Helin Kandemir, Müfit Kayacan, Kayhan Açikgöz, Kubilay Tunçer
  • Beitragsbild © Berlinale 
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