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Berlinale ’18: Life is a Battleship in Kim Ki-duk’s “Human, Space, Time and Human”

Berlinale ’18: Life is a Battleship in Kim Ki-duk’s “Human, Space, Time and Human”

Beim Gedanken an Kim Ki-duks bissiger Parabel wird einem ganz warm ums Herz, trotz Folter, Terror, Massenmord und Kannibalismus. Dieser und der restliche Horror auf der Leinwand münden in den Versuch einer Aussöhnung. Stimmt doch gar nicht, das Ende ist resignativ realistisch und superzynisch? Think outside the box. In diesem Fall: außerhalb des Kinos. Dort gibt es zumindest einen Hauch Optimismus. Er habe diesen Film gemacht, um aufzuhören, Menschen zu hassen, sagte der koreanische Regisseur zu seinem grausamen Gesellschaftsgleichnis. Ob die filmische Katharsis Erfolg hatte, verrät er nicht, aber er hatte immerhin gute Absichten. Ein bisschen wie der alte Mann (Ahn Sung-ki), der auf dem Schiffsschauplatz den Dreck auffegt, um darin Setzlinge zu pflanzen.

Kann etwas Schlechtem etwas Gutes entspringen? Die existenzialistische Frage wirft der elliptische Plot auf mehreren Ebenen auf, so vielen, dass für andere Fragen kein Platz bleibt. Beengt ist es ohnehin auf dem Kriegsschiff, das eine Meute Menschheitsprototypen übers Meer trägt. Der Symbolismus des Szenarios ist von vornherein überdeutlich. Die Bevorzugung von Passagieren mit hohem sozialen Status weckt den Unmut der übrigen Passagiere. Lange kann der Kapitän (Sung Ki-youn) sie nicht von der Unabdingbarkeit des buchstäblichen Klassenunterschieds überzeugen. Macht nichts, wer wie ein junger Intellektueller (Joe Odagiri) aufbegehrt, ist als Erster dran. Ein eiskalter Staatsmann (Lee Sung-jae) übernimmt die Macht an Bord mit Unterstützung eines opportunistischen Gangsterbosses (Ryoo Seung-bum). Fortan heißt es: Volle Kraft voraus ins Inferno!

Dem zuzusehen ist keineswegs rein deprimierend. Kim Ki-duk entwickelt einen düsteren Humor während der kontrollierten Eskalation. Dabei gilt nicht nur „Friss oder stirb!“, sondern „Fressen oder gefressen werden.“. Zweites ist mitunter die bessere Option, denn wer im Leben durch und durch verdorben war, schmeckt so auch nach dem Tod. Jede einseitige Diät hängt einem schnell zum Hals raus: „Ich hab‘s satt, andauernd Menschenfleisch zu essen!“ Und was, wenn der Mitreisende, der scheinbar den Sinn der Höllenfahrt kannte, plötzlich aussteigt? Solche Momente überwinden die blutrünstigen Paradigmen und ironisieren die religiösen und sozialen Katechismen hinter dem fatalistischen Fazit: „Selbst wenn es uns nicht mehr gibt, wird die Zeit weiter laufen.“ Die Tickets für die nächste kannibalistische Kreuzfahrt sind schon ausverkauft.

  • OT: Inkan, gongkan, sikan grigo inkan
  • Regie: Kim Ki-duk
  • Drehbuch: Kim Ki-duk
  • Produktionsland: Korea
  • Jahr: 2018
  • Laufzeit: 122 min.
  • Cast: Mina Fujii, Jang Keun-suk, Ahn Sung-ki, Lee Sung-jae, Ryoo Seung-bum, Sung Ki-youn, Joe Odagiri
  • Beitragsbild © Berlinale
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